Tupletmachine Tour 2024

Inhalt:

Seit 2018 entwickle ich für das Netzwerk Konnakol Deutschland Konzepte, Kompositionen und Lehrmaterialien. Diese Inhalte werden in Zusammenarbeit mit dem südindisch-deutschen Perkussion- und Sprechzählvirtuosen Anushaant N. Wijayan in Advanced-Rhythm-Kursen an Student*innen und Musikschaffende verschiedener Stilrichtungen vermittelt.

Neuerdings bereite ich unsere Kursmaterialien in meiner Software Tupletmachine neu auf, erweitere sie kontinuierlich um neue Features, und entwerfe darin neue Stücke

Tupletmachine Software

Tuplet ist die englische Bezeichnung für n-Tole, welche eine rhythmische Gruppe, die eine abweichende Anzahl von Noten innerhalb eines bestimmten Zeitraums zusammenfasst bezeichnet: Triole, Quintole, Septole, etc..

Meine in MaxMSP entwickelte Tupletmachine fungiert in unseren Kursen als eine Art interaktive Bibliothek, die Darstellungsformen südindischer Rhythmus-Zähltechniken versammelt, welche insbesondere im Kontext zeitgenössischer westlicher Musik Anwendung finden können (Neue Musik, Modern Jazz). In dieser ist der Umgang mit komplexen n-Tolen Alltag – viele Musiker*innen stehen hier oft vor großen rhythmischen Herausforderungen (siehe auch Rafael Reinas Pionierarbeit Applying Carnatic Rhythmical Techniques to Western Music, 2014; sowie sein überaus umfangreiches Studienprogramm am Konservatorium Amsterdam).

In der Tupletmachine finden sich verschiedene Kombinationen aus der „Sprech-Zählweise“ Konnakol und einem Methodenset, das aus adaptierten karnatischen Rhythmus-Techniken besteht. Diese wurden so modifiziert, dass sie im Rahmen westlicher Rhythmusstrukturen funktionieren können: So gibt es spezielle Verfahrensweisen z.B. für Polyrhythmen, Polymetren, (verschachtelte) n-Tolen, Synkopen, Akzent-Sequenzen, oder ungerade Taktarten:

Neben traditioneller Rhythmus-Notation verwendet die Tupletmachine außerdem alternative Darstellungsweisen. So veranschaulicht z.B. das Tupletmetronom die sogenannte Nadai Bhedam Technik, mit welcher verschachtelte n-Tolen und komplexe polyrhythmische Verhältnisse mittels drei parallel überlagerter Puls-Schichten verinnerlicht werden können:

Ferner können die hier vorgestellten Strukturen, Formen und Methoden im Kontext von Komposition und Improvisation verwendet werden: Beispielsweise in Form von permutierten „Basis-Zellen“, welche modular zu längeren Phraseneinheiten kombiniert, variiert und als weitere n-Tolen-Frames (x : y) gestretched werden können:

„Indische“ Rhythmen – ja und nein!?

Die oben beschriebenen Ansätze konzentrieren sich auf allgemeine rhythmische Prinzipien, Proportionen und Patterns und sind daher an kein spezifisches Stilmittel gebunden. Die Konnakol-Zählsilben werden hier primär in einer „technischen“ Weise verwendet, um rhythmische Strukturen jeder Art abbilden zu können um diese im Sinne einer Rhythmus Solfège-Methode tiefgreifend zu erfassen (siehe auch: Blog-Post vom 20.03.2022). Daher lässt sich in diesem Fall nicht mehr von „indischen Rhythmen“ sprechen, sondern allenfalls von einer „indischen Zähl-Technik“.

In der südindisch-karnatischen Tradition ist diese jedoch äußerst differenziert und als eigenständige vokale Kunstform etabliert. Unser diverses Netzwerk Konnakol Deutschland stellt daher parallel zum technischen Transfer-Ansatz auch die traditionelle, über Jahrhunderte ästhetisch ausgereifte Verwendung des Konnakol vor: So findet sich in der Tupletmachine die Kategorie classic carnatic, in welcher sowohl Bauprinzipien größerer Formen (Moras, Korvais), Systematiken umfangreicher Tala-Systeme, rhythmische Kadenzen sowie spezielle karnatische Übungen in einer für westliche Musiker*innen verständlichen Darstellungsform präsentiert werden.

Unser Chairman Anushaant Nayinai Wijayan ist hier herausragender Experte im deutschsprachigen Raum und steht als Koryphäe sowohl für die musikalische Verbindung von südindischer Tradition und (Post-) Moderne als auch für die interkulturelle Verständigung mittels Konnakol. Seit 2017 arbeiten wir intensiv zusammen – uns verbindet zudem eine tiefe Freundschaft, weit über die Musik hinaus.

Tour & Events 2024

Seit Mai 2024 haben wir die Tupletmachine nun bei unseren Kursen in Verwendung:

Musikakademie Rheinsberg
Wochenend-Workshop
Mai 2024

Landesmusikakademie NRW
Indien-Festival
Juni 2024

Folkwang Musikschule Essen
Workshop für Musiklehrkräfte
Juli 2024

Tuplet – Machine – Learning

Südindische Rhythmik war schon immer eine „algo-rhythmische“ Kunst, bei der arithmetische Formschönheit eine große Rolle spielt. Karnatische Musiker*innen lernen früh rhythmische Strukturen flexibel in verschiedene metrische Kontexte zu transferieren – und nennen dies Rechnungen.

2024 lässt sich dieser Zusammenhang auch umkehren: zeitgenössische Rechnungen, aka KI-Algorithmen, transferieren zwischen verschiedenen Kontexten – und scheinen sich insbesondere für die zahlenverliebte südindische Rhythmik zu interessieren: Jedenfalls hat ChatGPT 3.5 feinste Nuancen meiner Anfragen im Entwicklungsprozess der Tupletmachine gespeichert und sich ihre Vision selbstständig erschlossen … (!).

Interkulturelle Kooperationen müssen sich immer wieder neu den Herausforderungen aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stellen – daher: Willkommen im Team, neuer Konnakollege:

Hypercultural 24

Seit August 2024 komponiere ich in der Tupletmachine hyperkulturelle Studien für mein neues Ensemblestück tetralemmatic pulses: